Alleskönner aus Südostasien
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Neenbaum Zweige mit Blütenständen
1. Wo wächst der Neembaum?
Der Neembaum (Azadirachta indica) gehört zu den Mahagonigewächsen. Er wächst in einem trockenen, subtropischen Klima etwa 15 bis maximal 30 Meter hoch und stammt ursprünglich aus Südostasien und hat sich von dort stark auf dem indischen Subkontinent verbreitet. Heute findet man Neembäume (auch Niembaum) ebenso in Afrika, Australien und Amerika. Da der Baum sehr rasch wächst, wird er zur Rekultivierung von Wüstengebieten eingesetzt. Seine dunkelgrünen Blätter haben eine ledrige Textur und verströmen einen an Knoblauch erinnernden Duft, wenn man sie aufbricht oder zerreibt. Die weißen, rispenartigen Blüten duften ebenfalls stark. Die grünlich-gelben Früchte des Neembaums, deren Aussehen an Oliven erinnert, schmecken bitter-süß.
2. Was macht den Neembaum so besonders?
Der indischen Mythologie zufolge fielen einst einige Tropfen Amrita (das Elixier der Unsterblichkeit) auf den Neembaum. Das Wort Neem leitet sich von dem Sanskritwort Nimba ab, was vermutlich so viel wie „Spender guter Gesundheit“ bedeutet. Schon früh hatten Menschen beobachtet, dass Pflanzenteile des immergrünen Baums heilende Wirkung haben. Rinde, Samen und Blätter: Verschiedene Teile des Neembaums werden seit Jahrhunderten in der traditionellen ayurvedischen Medizin verwendet, etwa um Hauterkrankungen und Infektionen zu behandeln. Es gibt Schätzungen, dass Stoffe aus dem Neembaum in drei Viertel aller ayurvedischen Rezepturen enthalten sind. Traditionell wurden Neembäume gerne nahe dem Haus gepflanzt, um Ungeziefer fernzuhalten. Zudem nutzten Menschen seit jeher Mittel, hergestellt aus der Rinde, den Blättern und den Früchten des Neembaums, um ihre Nahrung und die Vorräte vor Schädlingsbefall zu schützen, die Felder zu düngen und die angebauten Pflanzen von Insekten zu befreien. Inzwischen ist auch mit wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen, dass besonders Extrakte aus den Samen zur wirksamen Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden können.
3. Wie kamen Neembaum-Produkte nach Europa?
Ab Ende der 1950er Jahre arbeitete der deutsche Biologe und Insektenforscher Heinrich Schmutterer im sudanesischen Landwirtschaftsministerium. In dieser Zeit beobachtete er, wie ein Heuschreckenschwarm über die Hauptstadt Khartum hinwegzog. Ihm fiel auf, dass die Neembäume fast als einzige Pflanzen von den gefräßigen Insekten zwar kurz befallen, aber nicht weiter zerfressen wurden. Nach seiner Rückkehr aus Afrika begann Schmutterer an der Justus-Liebig-Universität in Gießen mit der wissenschaftlichen Erforschung des Neembaums, seiner Insektenabwehr und seiner wirkstoffreichen Pflanzenteile. Seine frühen Forschungen inspirierten Wissenschaftler weltweit zu weiteren Untersuchungen und sorgten dafür, dass die Produkte aus den verschiedenen Bestandteilen des Neembaums auch in der westlichen Welt zum Einsatz kamen. Als Schmutterer 2022 im Alter von 96 Jahren starb, wurde er in Nachrufen als „Vater des modernen Neems“ geehrt.
4. Wie helfen Neembaum-Produkte gegen Schädlinge?
Der Neembaum enthält über 100 verschiedene chemische Inhaltsstoffe, die sich in unterschiedlicher Zusammensetzung in Stamm, Rinde, Blättern und Früchten befinden. Inzwischen haben sich vor allem die Extrakte aus den Kernen gegen eine Vielzahl von Insekten und Milben als wirksam erwiesen. In Deutschland ist Azadirachtin, ein aus den Neemsamen gewonnener Wirkstoff, in der Landwirtschaft und in Privatgärten zur Schädlingsbekämpfung zugelassen. Der Stoff hemmt die Larvenentwicklung zahlreicher Insekten, genauer: er verhindert die Ausbildung des insektenspezifischen Häutungshormons.
5. Kann ich Neembaum-Produkte im Garten anwenden?
Schädlinge lassen sich durch das Besprühen von oberirdischen Pflanzenteilen bekämpfen. Oder der Wirkstoff wird mit Gießwasser über die Wurzel verabreicht, von der Pflanze aufgenommen und in die Blätter transportiert. Im Baumarkt oder in Gartencentern erhalten Sie verschiedene gebrauchsfertige Mischungen, die Azadirachtin enthalten. Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass der aus den Samen des Neembaums gewonnene Wirkstoff zwar vergleichsweise umweltschonend ist und gegen zahlreiche saugende, beißende und im Blattinneren fressende Insekten wirkt, aber auch Nützlinge wie Schwebfliegen schädigt, die Blattläuse vertilgen.
6. Welche umweltfreundlichen Mittel kann ich alternativ zur Schädlingsbekämpfung einsetzen?
Die Empfehlung der Experten aus dem Umweltbundesamt lautet: „Bevorzugen Sie daher möglichst Produkte, die als effektive, aber noch umweltfreundlichere Alternative auf Rapsöl, Fettsäuren oder Kaliseife basieren.“ Kaliseife, dabei handelt es sich um natürliche Fettsäuren, die aus der Verseifung von Leinöl mit Kaliumhydroxid gewonnen werden. Sie helfen, wenn weichhäutige, saugende Insekten Gemüse, Obst und Zierpflanzen befallen. Beim Rapsöl wirken ebenfalls ungesättigte Fettsäuren, die die Schädlinge mit einem luft- und wasserundurchlässigen Film umhüllen, sie also rein mechanisch bekämpfen – hilfreich besonders bei „unbeweglichen“ Schädlingen wie Blatt- und Schildläusen sowie Spinnmilben und Thripsen.
7. Sind Neembaum-Produkte gefährlich?
Naturprodukte sind nicht per se weniger toxisch als synthetisch hergestellte Pestizide – sonst würden sie ja nicht wirken. Daher müssen auch Naturstoffe vor ihrer Zulassung als Pflanzenschutzmittel (PSM) auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit hin geprüft werden. Es gibt in Deutschland derzeit 31 Pflanzenschutzmittel auf der Basis von Neemkernextrakten, die zugelassen sind und bei sachgerechtem und bestimmungsgemäßem Einsatz als sicher betrachtet werden können (Stand: Oktober 2024). Bei Neemprodukten hat sich allerdings ein umfangreicher „grauer“ Markt entwickelt. Vor allem über das Internet sind zahlreiche Erzeugnisse auf Neemkernextrakt-Basis erhältlich, die unter Umständen nicht oder nicht ausreichend geprüft sind. Sie können zum Beispiel mit anderen Stoffen kontaminiert sein. Tipp: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bietet auf seiner Website eine hilfreiche Online-Datenbank Pflanzenschutzmittel an. Sie können dort einen Produktnamen eingegeben und schauen, ob das Mittel geprüft und zugelassen ist – oder umgekehrt gezielt nach einem Produkt suchen, das genau ihrem Bedarf entspricht. https://psm-zulassung.bvl.bund.de/